An den Bürgermeister
der Stadt Greven
Herrn Peter Vennemeyer
Rathaus
48268 Greven
13.02.2008
Anregung gemäß §24 der Gemeindeordnung NRW
Sehr
geehrter Herr Bürgermeister,
die IG-Gaspreis Greven regt an, dass der Stadtrat über
folgenden Vorschlag Beschluss fassen möge:
Die Stadtverwaltung wird beauftragt, die bestehenden
Gewinnabführungsverträge der Stadtwerke Greven GmbH zu überprüfen oder von
einem in Fragen des Energierechts ausgewiesenen Sachverständigen überprüfen zu
lassen, ob sie mit Sinn und Zweck des Energiewirtschaftsgesetzes in Einklang
stehen. Dabei ist insbesondere zu prüfen, ob die Gewinnabführungsverträge die
Verpflichtung der Stadtwerke Greven GmbH zu einer Belieferung ihrer Kunden mit
möglichst preisgünstiger Energie konterkarieren.
Begründung:
Energieversorgungsunternehmen sind gemäß §2 Abs.1 in
Verbindung mit §1 Abs.1 des Energiewirtschaftsgesetzes verpflichtet zu einer
möglichst sicheren, preisgünstigen, verbraucherfreundlichen, effizienten und
umweltverträglichen leitungsgebundenen Versorgung der Allgemeinheit mit
Elektrizität und Gas.
Der Bundesgerichtshof
hat mit Urteil vom 2.10.1991 (VIII ZR 240/90) das Kriterium einer
„möglichst preisgünstigen“ Energieversorgung dahingehend präzisiert, dass die
Versorgung der Bürger mit elektrischer Energie „so preisgünstig wie möglich“ zu gestalten sei. Diesen Grundsatz hat
das Oberlandesgericht Koblenz mit Urteil vom 09.02.2007 (W 50/07) bekräftigt und explizit auch auf die Versorgung mit Erdgas angewandt.
Den Energieversorgungsunternehmen stehe allerdings „über
die Deckung der Kosten hinaus … auch ein Gewinn zu, aus dem sie die
erforderlichen Rücklagen und Investitionen“ (BGH a.a.O.) tätigen
könnten. Ferner sei eine angemessene
Verzinsung des Eigenkapitals zulässig.
Die Stadtwerke Greven GmbH erzielt nach ihren eigenen
Angaben in der Sitzung des Stadtrates vom 23.1.2008 eine Verzinsung des bilanziellen Eigenkapitals von 30% - was mehr als
angemessen ist. Ferner ist nicht zu bestreiten, dass der Gewinn teilweise für Investitionen verwendet wird.
Es stellt sich aber die Frage, ob die Stadtwerke Greven
GmbH gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes den restlichen Teil des
Gewinns für die Bildung von Rücklagen
verwendet. Würde der Gewinn anderweitig verwendet, wäre das mit den Vorgaben
des BGH-Urteils kaum vereinbar.
Zieht man nun die Jahresabschlüsse der letzten Jahre zur
Prüfung heran, verstößt die Gewinnverwendung der Stadtwerke Greven GmbH
regelmäßig gegen die vom Bundesgerichtshof präzisierten Kriterien des Energiewirtschaftsgesetzes.
Denn die Stadtwerke Greven GmbH verwendet den (nach Abzug von Ausgaben für
Investitionen und angemessene Kapitalverzinsung) übrig bleibenden Millionen-Gewinn
in aller Regel nicht für die Bildung von Rücklagen,
sondern führt ihn ab an die Thüga AG bzw. die Grevener Versorgungs- und
Verkehrsholding GmbH (GVVH). Dort wird der Gewinn für alles Mögliche verwendet,
nur nicht für die Versorgung der Bürger mit Energie, die „so preisgünstig wie
möglich“ sein soll.
Grundlage für die problematische Verwendung eines großen
Teils der Gewinne der Stadtwerke Greven GmbH sind die mit der Thüga AG und der GVVH
abgeschlossenen Gewinnabführungsverträge.
Gegenüber der städtischen Holding verpflichtet sich beispielsweise die
Stadtwerke Greven GmbH unter §1 Abs.1, „ihren gesamten Gewinn an die GVVH
abzuführen.“ In Abs.2 ist allerdings festgelegt, dass die Stadtwerke Greven
GmbH „mit Zustimmung der GVVH Teile ihres Jahresüberschusses in Gewinnrücklagen
einstellen [könne], sofern dies handelsrechtlich zulässig und bei vernünftiger
kaufmännischer Beurteilung wirtschaftlich begründet“ sei.
Eine „vernünftige
kaufmännische Beurteilung“ hätte schon vor Jahren Rückstellungen für eine
Sanierung der Grevener Frischwasserleitungen zwingend erforderlich gemacht, um
nur ein aktuelles Beispiel zu nennen. Stattdessen sind allein in den Jahren
2004 bis 2006 aufgrund des Gewinnabführungsvertrages 7 Mio. € an die GVVH
überwiesen worden. Damit hätte der Investitionsaufwand spielend bezahlt werden
können, und eine Erhöhung der Wasserpreise wäre kein Thema gewesen. Dass dies aber
nicht geschehen ist, liegt formal daran, dass offenbar die gemäß §1 Abs.2 des
Gewinnabführungsvertrages notwendige Zustimmung der GVVH zur Bildung von
Rücklagen bei der Stadtwerke GmbH unterblieben ist. De facto kann die Verantwortung
aber kaum auf die fehlende Zustimmung der GVVH abgeschoben werden, weil Geschäftsführung
und die vom Stadtrat bestellten Mitglieder des Aufsichtsrates bei beiden
Gesellschaften identisch sind.
Wenn die Bürger nun mit den Preiserhöhungen „die Zeche“
bezahlen sollen, dann werden sie für die offensichtlich falsche Beurteilung von
Geschäftsführung und Aufsichtsrat in Regress genommen. Und der
Gewinnabführungsvertrag der Stadtwerke Greven GmbH mit der GVVH erweist sich
damit als ein Vertrag zu Lasten der
Verbraucher.
Sollte der Gewinnabführungsvertrag damit gegen die oben
genannten Bestimmungen des Energiewirtschaftsgesetzes verstoßen, muss die Frage
gestellt werden, ob die Gesellschafter, die weit über eine angemessene
Verzinsung des eingesetzten Kapitals hinaus von den Gewinnen der Stadtwerke
Greven GmbH profitiert haben, einen Teil dieser Gewinne an die Stadtwerke
Greven GmbH zurückzahlen müssen.
Mit freundlichen Grüßen
Für den Sprecherrat der IG-Gaspreis
Dr. Joachim
Hamers